COP29: Fortschritte für den internationalen Kohlenstoffmarkt

Mehr als ein positives Zeichen: COP 29 leitet Wende für internationale Kohlenstoffmärkte ein

Am 22. November 2024 endete die Weltklimakonferenz in Baku (COP29). Während die Konferenz im Jahr davor den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen thematisierte, musste nun endlich die Frage nach konkreten Rahmenbedingungen für den weltweiten CO2-Ausgleich auf die Agenda rücken. Ein genauer Blick auf die Abschlussdokumente zeigt: COP29 hat geliefert und kann zu einem wichtigen Meilenstein für den weltweiten Klimaschutz werden.

Der erste große Erfolg der Konferenz liegt in dem Einstieg in einen Prozess der Klimafolgenfinanzierung. In Baku wurde beschlossen, dass Staaten mit sehr hohen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2035 jährlich 300 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen sollen. Diese Mittel sollen ärmeren Ländern mit geringen Emissionen helfen, Klimafolgen besser zu bewältigen.

Noch bedeutender für den Emissionshandel ist der zweite große Durchbruch der Weltklimakonferenz 2024. Er eröffnet einen Weg zur besseren Operationalisierung des Artikel 6 und zum Durchbruch von Carbon Credits als weltweit handelbare Zertifikate für den CO2-Ausgleich. Auf der COP29 wurden damit zum ersten Mal rechtliche Rahmenbedingungen für nachhaltige CO2-Emissionsmärkte geschaffen. Diese betreffen insbesondere Artikel 6.2 und 6.4 des Pariser Klimaabkommens.

Stärkung des zwischenstaatlichen Emissionshandels

Artikel 6.2 regelt die zwischenstaatliche Kooperation zur Erreichung staatlicher Klimaziele (Nationally Determined Contributions, NDCs). Staaten erhalten mit der jetzt eingeleiteten Regulierung die Möglichkeit, ihre Emissionen durch internationale Gutschriften untereinander zu handeln. Dieser Handel geschieht in Form von Internationally Transferred Mitigation Outcomes (ITMOs). Der ITMO-Mechanismus funktioniert nicht wie eine normale Handelstransaktion, sondern als ein bilateraler oder multilateraler Mechanismus zwischen Regierungen.

ITMOs können reichen Staaten mit hohen CO2-Emissionen dabei helfen, die nationalen Klimaziele (NDCs) zu erfüllen. Ärmere Staaten, die eine negative CO-Bilanz haben, erhalten mit diesem Mechanismus im Gegenzug die Möglichkeit, an finanzielle Mittel zur Stärkung ihrer Wirtschaftsleistung zu kommen, ohne ihre natürlichen Ressourcen plündern zu müssen.

In der Praxis könnte das so aussehen: Ein Staat auf der Südhalbkugel hat große Regenwaldgebiete und kaum Industrie, die klimaschädliches CO2 ausstößt. Für die Klimabilanz bedeutet das, der Staat entfernt mehr Treibhausgase aus der Atmosphäre, als er emittiert. Diesen Überschuss an Emissionsminderung kann dieser Staat an einen anderen Staat verkaufen, der zu viele Emissionen verursacht. Unter dem Strich kann Artikel 6.2 so dabei helfen, Klimaschutzmaßnahmen finanziell gerechter zwischen ärmeren und reicheren Nationen zu machen.

Ein neuer Mechanismus für den internationalen Kohlenstoffmarkt

Eine der wichtigsten Entscheidungen der COP29 betrifft die Einführung eines Mechanismus zur Zertifizierung von Emmissionsreduktionsprojekten, mit dem die doppelte Anrechnung von Emissionsreduktionen künftig vermieden wird. Dieser Mechanismus nennt sich Corresponding Adjustment (CA). Mit Corresponding Adjustments werden die Erfolge eines Projekts zukünftig aus dem nationalen Kohlenstoffhaushalt (NDC) des Gastgeberlandes, in dem das Projekt stattfindet, herausgerechnet. Diese CAs gelten sowohl für zwischenstaatlich gehandelte Carbon Credits nach Artikel 6.2 als auch für Zertifikate, die unter Artikel 6.4 fallen. 

Artikel 6.4 des Pariser Klimaschutzabkommens regelt, wie Länder und Unternehmen zertifizierte Emissionsreduktionen untereinander handeln können. Der Artikel zielt darauf ab, wirtschaftliche Anreize für eine transparente und verlässliche Minderung von Treibhausgasen zu setzen und die Förderung nachhaltiger Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben. Auf der COP29 wurde dieser Artikel nun erstmals umfänglich präzisiert.

Wie sieht das in der Praxis aus? Angenommen, ein Unternehmen investiert zur Senkung seiner CO2-Emissionen in einen Windpark in Staat A. Durch diesen Windpark werden in diesem Staat A jährlich 1 Millionen Tonnen CO2 eingespart, die zuvor mit fossilen Energieträgern erzeugt wurden. Wenn Staat A diese Minderung in der Treibhausgasbilanz nicht benötigt, kann er dem Unternehmen als Betreiber des Windparks für das Projekt einen Letter of Authorization (LoA) ausstellen. Dadurch wird das Unternehmen als Projektbetreiber autorisiert, diese Emissionsminderungen in Form von Zertifikaten zu verkaufen, um so unter anderem das Projekt zu finanzieren. Im Umkehrschluss werden die Emissionsminderungen aus der nationalen Treibhausgasbilanz von Staat A herausgerechnet.

Supervisory Body bei der UN

COP29 hat außerdem die Schaffung eines zentralen Aufsichtsgremiums – des Supervisory Bodys – zur Einhaltung der Regularien eingeleitet. Es wird von der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) eingesetzt und besteht aus 12 Mitgliedern. Dieses international besetzte Gremium hat die Aufgabe, die Operationalisierung des Zertifikatehandels in den nächsten Jahren weiter zu präzisieren. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, die Ausarbeitung von Qualitätsstandards voranzutreiben, um Käufern der neuen Zertifikate eine größere Sicherheit auf dem Kohlenstoffmarkt zu geben.

Als positiv ist auch anzusehen, dass der Zertifikatehandel der UN unter dem Dach des Supervisory Bodys in Zukunft eine soziale Komponente enthalten wird: Mit den Overall Mitigation in Global Emissions (OMGE) wird ein gewisser Prozentsatz der gehandelten Emissionsminderungen der Allgemeinheit gewidmet.

Ausblick auf die weitere Entwicklung

Die ersten Zertifikate für die neuen Methodologien, mit denen die Frameworks für zukünftige Projekte geplant werden können, werden voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2025 auf den Markt kommen. Die Projektentwicklung für Zertifikate nach Artikel 6.4 beziehungsweise die Überführung bereits bestehender Projekte wird ab diesem Zeitpunkt umgesetzt werden können.

Der Zertifikatehandel wird sich in diesem Kontext in den nächsten Jahren sich in drei Kategorien ausdifferenzieren:

●     UN-autorisierte 6.4 Carbon Credits mit Corresponding Adjustment für Unternehmen und Staaten,

●     6.2 ITMOs für rein staatliche Zertifikate,

●     nicht-autorisierte Mitigation Contribution Units (MCU) sowie der freiwillige Markt (VCM).

Die Zukunft des Zertifikatehandels liegt in diesen 3 Arten von Carbon Credits. Wir erwarten, dass die neuen autorisierten Credits, die im Hintergrund mit einem Letter of Authorization versehen sind, bei umweltbewussten Kunden auf große Nachfrage stoßen werden.

Fazit

COP29 hat dem globalen Handel mit Carbon Credits starke neue Impulse gegeben. Es zeichnet sich nun klar ab, dass Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens in Richtung eines funktionierenden, nachhaltigen Zertifikatehandels steuert. Durch die Reformen, die das Problem des Double Counting lösen, besteht die berechtigte Erwartung, dass diese neuen Credits außerhalb der EU als verpflichtende Zahlungen anerkannt werden. Die UN wird mit Artikel 6 einen neuen Markt für den Carbon Credit-Handel etablieren, der Unternehmen und internationalen Playern mehr Sicherheit gibt als das bisherige System.

Eine weitere positive Entwicklung zeichnet sich in der EU ab, da auch hier der rechtliche Rahmen für die Nutzung von Carbon Credits zügig weiterentwickelt wird. Diese Thematik werden wir zum gegebenen Zeitpunkt detailliert aufgreifen.

 

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